Zu Art und Ausmaß der Unterdrückungspolitik unter der österreichischen Diktatur der Jahre 1933-1938 finden sich in der wissenschaftlichen Literatur unterschiedliche, einander zum Teil widersprechende Angaben. Das hat vor allem zwei Gründe. Einerseits stützen sich praktisch alle dieser Angaben auf amtlichen Schriftverkehr unterschiedlicher Ministerialbehörden zu unterschiedlichen Zeiten. Die so gewonnenen Informationen wurden von ForscherInnen anschließend zusammen geführt, stellen jedoch letztlich nur Annäherungen dar, weil die Angaben der jeweiligen Behörden üblicherweise nur den eigenen Zuständigkeitsbereich umfassten, selten komplett waren und allfällige Schnittmengen oft nicht berücksichtigten. Eingehendere, vor allem quantitative Untersuchungen stehen bislang noch aus.
Zum zweiten haben die unterschiedlichen Einschätzungen auch mit voneinander abweichenden Auffassungen darüber zu tun, was denn eigentlich als Repression zu werten sei. Versteht man darunter lediglich zentral gesteuerte Aktionen? Oder ausschließlich staatliche Maßnahmen, die Leben und Freiheit der Person betreffen? Wie sind außerdem die Handlungen der Betroffenen bei alldem zu werten? War Widerstand nur dann legitim, wenn er gewaltfrei geleistet wurde und auf die Wiederherstellung der Demokratie gerichtet war? Sind demzufolge alle übrigen Tathandlungen als „normale“ Kriminalität zu werten und ihre Verfolgung daher kein repressiver Akt?
Vor diesem Hintergrund besteht das vorrangige Ziel des Vereins für Repressionsforschung in der namentlichen Erfassung möglichst aller Personen, die zwischen 1933 und 1938 aus politischen Gründen verfolgt wurden. Dabei wird ein umfassendes Verständnis von politischer Repression zugrunde gelegt. Entscheidend ist das politische Motiv der Tat- wie der Verfolgungshandlung, unabhängig davon, ob es sich bei den Betroffenen um Personen handelte, die sich demokratischen Werthaltungen verbunden fühlten, um NationalsozialistInnen, oder um Personen, die etwa im Zuge von Kampfhandlungen als scheinbar Unbeteiligte zu Schaden kamen. Als Repression gewertet werden Verwaltungs-, Polizei- und Gerichtsstrafen ebenso wie Schäden an Leib und Leben, gezielt herbei geführte wirtschaftliche Schädigungen (etwa durch Ausbildungs- und Arbeitsverbote, Gehalts- bzw. Bezugskürzungen, Entlassungen, Wohnungsräumungen, Eigentumsbeschlagnahmungen etc.) oder eine Beschneidung staatsbürgerlicher Rechte (Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Ausbürgerungen usw.).