Hintergrund
Die Rehabilitierung von Menschen, die sich der Errichtung der Dollfuß/Schuschnigg-Diktatur entgegen stellten oder gegen dieses Regime Widerstand leisteten stellt eine späte Würdigung ihres Einsatzes dar. Der einstimmige Beschluss, mit dem der Nationalrat den Unrechtscharakter des Regimes Dollfuß/Schuschnigg erstmals ausdrücklich festgestellt und sämtliche Urteile und Bescheide gegen dessen demokratische GegnerInnen aufgehoben hat beinhaltet aber nicht nur eine Wertung der Vergangenheit, sondern auch der Gegenwart: Wenn eine gewählte Obrigkeit den Boden von Demokratie und Verfassung verlässt, wird Widerstand zum Bürgerrecht.
Rehabilitierung
Der Nationalrat hat durch das Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetz 2011 (8. Bundesgesetzblatt 2012 vom 14. Februar 2012) pauschal diejenigen Personen rehabilitiert, die aufgrund ihrer demokratischen Haltung Repressionsmaßnahmen durch das Regime Dollfuß/Schuschnigg ausgesetzt waren. Betroffene, Angehörige und Nachkommen haben darüber hinaus aber auch die Möglichkeit, individuelle Rehabilitierungen vornehmen zu lassen. Zuständig ist für diese das Landesgericht für Strafsachen Wien.
Voraussetzungen
Der Gesetzgeber hat pauschal sämtliche Personen rehabilitiert, die wegen ihrer demokratischen Haltung verfolgt wurden (§ 4), allerdings in den Erläuterungen einige Ausnahmen vorgesehen. Anrecht auf die individuelle Feststellung der Rehabilitierung haben ausschließlich Personen (und deren Nachkommen in gerader Linie), die
- durch ein Straf-, Sonder- oder Militärgericht verurteilt wurden, oder
- in einem Lager, einem Gefängnis oder Notarrest festgehalten wurden, oder
- aufgrund einer anderwärtigen Verfolgung in den Jahren 1933-1938 nach dem Opferfürsorgegesetz eine Amtsbescheinigung oder einen Opferausweis erhalten haben oder ein Anrecht auf diesen hätten bzw. gehabt hätten.
Antragstellung
Die Antragstellung erfolgt durch einen formlosen Antrag, der an das Oberlandesgericht für Strafsachen, Abteilung 18, Landesgerichtsstraße 11, 1082 Wien zu richten ist. [Hier] finden Sie den Entwurf eines solchen Schreibens. Beizuschließen sind jedenfalls
- Nachweise über die Verfolgung. Als solche gelten Kopien von Gerichtsurteilen oder behördliche Anerkennungen seit 1945, etwa durch die Genehmigung eines Opferfürsorgeantrages (Wichtig: legen Sie in einem solchen Fall sowohl Antrag als auch Behördlichen Bescheid bei!). Wenn Sie nicht über die notwendigen Dokumente verfügen unterstützen wir Sie dabei und bitten Sie um [Kontaktaufnahme].
- Falls der Antrag nicht durch das Opfer selbst eingebracht wird, ist der Nachweis über ein Verwandtschaftsverhältnis in direkter Linie zu erbringen, etwa durch Geburtsurkunde(n). Die Identität des/der AntragstellerIn muss ebenfalls zweifelsfrei nachgewiesen werden, am besten durch Kopie des Reisepasses.
- Übermitteln Sie den Antrag dem Landesgericht bitte eingeschrieben. Innerhalb eines angemessenen Zeitraums sollten Sie einen Rehabilitierungsbescheid durch den oder die mit der Bearbeitung betraute RichterIn erhalten. Wird Ihr Antrag wider Erwarten abschlägig beschieden gibt es die Möglichkeit einer Berufung. Auch hierbei unterstützen wir Sie ggf. gerne.
Dokumentation
Da wir bemüht sind, möglichst alle eingehenden Anträge und die zugrunde liegende Verfolgung zu dokumentieren um zu einem späteren Zeitpunkt auch eine Novellierung des Gesetzes dahingehend zu erreichen, dass der Kreis der Antragsberechtigten ausgeweitet wird, bitten wir um eine Kopie sowohl des Antrages als auch der Antwort des Landesgerichtes. Bitte senden Sie uns diese entweder [per mail] oder an
Verein für Repressionsforschung
c/o Institut für Zeitgeschichte
Altes AKH, Hof 1
Spitalgasse 2-4
1090 Wien
Ihre Unterlagen werden in unserem Archiv aufbewahrt und stehen dort auch der Forschung zur Verfügung. Wenn Sie es wünschen, werden Ihre Daten selbstverständlich vertraulich behandelt und der Antrag mit einem entsprechenden Sperrvermerk versehen.